Was sich inzwischen zeigt: Die Corona-Belastung mag sich hierzulande im Vergleich zum Beginn der Pandemie im Frühjahr abgeschwächt haben, aber sie ist nach wie vor vorhanden: Das zeigt sich an immer wieder aufflammenden Infektions-Hotspots und daran, dass es nach wie vor Corona-Patienten gibt, die in der Klinik und auf Intensivstationen behandelt werden müssen. Da stellen sich manche Patienten die Frage, ob Arztbesuche und auch Zahnarztbesuche heute nicht doch ein Risiko darstellen, sich mit den Viren zu infizieren. So berechtigt es ist, sich eine kritische Grundhaltung zu bewahren, so wenig sinnvoll ist sie allerdings im Bereich Krankheitsbehandlung und –vermeidung. Manche Ärzte weisen bereits darauf hin, dass es auch indirekte Corona-Opfer gibt, die an ihrer nicht weiter behandelten Krankheit verstorben sind. Auch wenn Munderkrankungen in der Regel nicht ursächlich für solch schwere Verläufe sind, sind sie doch manchmal verstärkend, und sie können die Lebensqualität erheblich einschränken. Der Mundgesundheitsinformationsdienst proDente empfahl deshalb kürzlich eindringlich, dass Zahnarztbesuche wegen beginnender Karies oder Zahnfleischerkrankungen nicht aufgeschoben werden sollten. Beachtet werden müsse beim Besuch der Zahnarztpraxen nur, dass das Praxisteam rechtzeitig über Infektanzeichen informiert wird, also beispielsweise, ob Husten, Schnupfen, Fieber bestehen. Wie dann verfahren wird, richtet sich nach dem Grund für den Praxisbesuch – eventuell wird der Termin einfach verschoben, oder es wird, wie im Fall eines akuten Behandlungsbedarfs, gemäß Notfall-Plan der jeweiligen Praxis verfahren. Bei einer nachgewiesenen Corona-Infektion treten ebenfalls spezielle Abläufe in Kraft, dazu kann auch die Überweisung an eine Zahnklinik gehören.
Letztlich haben die Darmschleimhaut und die Mundschleimhaut vieles, was sie verbindet: Es ist also nicht verwunderlich, wenn ein Produkt, das nachweislich gut für die Arbeit der Darmschleimhaut ist, auch hinsichtlich seiner Effekte für die Mundschleimhaut untersucht wird. Zu solchen Produkten gehören die sogenannten „Probiotika". Dabei handelt es sich um Mikroorganismen, die dem vorhandenen Biofilm auf den Schleimhäuten helfen, mit stressigen Belastungen besser umzugehen. Ziel ist: das biologische Gleichgewicht wieder herzustellen. Wissenschaftler einer chinesischen Universität haben, so berichtete kürzlich eine Fachzeitschrift, nun untersucht, ob und wenn ja, wie solche Probiotika auch im Mund nützlich sein könnten. Insbesondere im Rahmen einer Strahlentherapie leidet die Mundschleimhaut oft sehr unter den Folgen. Das Ergebnis war eindeutig: Diejenigen Patienten, deren Behandlung durch Probiotika unterstützt worden war, hatten deutlich leichtere Mundschleimhautentzündungen als die Vergleichsgruppe. Auch die Anzahl relevanter Immunzellen war bei den Patienten mit Probiotika-Unterstützung höher.
Das kleine zahnärztliche Bonusheft, in dem die Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt eingetragen und dort abgestempelt werden, hat bei manchen Patienten im Laufe der genutzten Jahre seine anfängliche Sauberkeit eingebüßt oder ist, auch das war nicht so selten, verlorengegangen. Dann war es mühsam, die Untersuchungen nachtragen zu lassen, zumal, wenn sie in unterschiedlichen Zahnarztpraxen erfolgten. Bekanntermaßen führt ein gut und regelmäßig geführtes Bonus-Heft zu erhöhtem Zuschuss der Krankenkasse, falls einmal Zahnersatz-Leistungen notwendig sind. Nun bricht bald eine neue Ära an – jedenfalls sind entsprechende Pläne verabschiedet. Wie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung im Sommer mitteilte, könnte das Bonus-Heft ab dem Jahr 2022 Teil der Elektronischen Patientenakte sein beziehungsweise werden. Weniger Papier ist einer der Vorteile, leichtere Übersicht für Patienten und Zahnärzte ebenfalls. Das Nachtragen von Kontrollterminen, weil man sein Bonus-Heft vergessen hat, entfällt. Zudem könnte das neue Programm auch an anstehende nächste Kontrolluntersuchungen erinnern. Bis dahin gilt: gut auf das Bonus-Heft aufpassen – es ist bares Geld wert!
Für manche Menschen ist Speichel schlicht „Spucke" – für andere: ein hochspannendes Forschungsgebiet. Zu letzteren gehört eine Gruppe chinesischer zahnmedizinischer Wissenschaftler. Sie haben den Gedanken weiterverfolgt, dass der Mund letztlich das „Einfalltor" für Nahrung, Flüssigkeiten und auch zahlreiche Keime aller Art ist. Für Letztere bildet der Speichel mit seinen Inhaltsstoffen eine Art allererste Schranke – er ist lokaler Partner des Immunsystems, das für die Krankheitsabwehr zuständig ist. Ein Inhaltsstoff namens Histatin-5, der zu der Peptid-Gruppe der Histatine gehört (Peptide sind eine Art Eiweiß(Protein)-Verbindung), hat bei den Studien sein Potential gezeigt bei der Abwehr von Pilzen und Bakterien. Nicht so erfolgreich wie gewünscht war das Forscherteam bei dem Versuch, dieses Histatin-5, das auch gut auf dem Zahnschmelz andockt, so zu verändern, dass es gegen Karies hilft. Aber, so das Resümee eines Beitrags in einer zahnmedizinischen Fachzeitschrift: Es erwies sich als nützlich vor allem gegen Bakterien und ihre Anhaftung am Zahnschmelz. Unterm Strich sagten die Wissenschaftler: Schon jetzt ist der Speichel sehr hilfreich bei der Gesunderhaltung der Zahnoberflächen. Seine Leistung könne in Zukunft aber vielleicht noch getoppt werden, wenn das untersuchte Speichel-Protein in Form einer Lösung auf die Zähne aufgetragen werden kann.
Nicht nur die Zahnärzteschaft und ihre wissenschaftlichen Einrichtungen beobachten die Entwicklung der Zahngesundheit insbesondere der Kinder alljährlich mit besonderer Aufmerksamkeit: Auch Krankenkassen werten ihre entsprechenden Daten aus. Das macht auch deutlich, warum die Ergebnisse nicht immer übereinstimmend sind: Die untersuchten Kinder machen bei Krankenkassen-Daten immer nur eine Teilgruppe aus der Gesamtzahl der Kinder aus. Im Juli beispielsweise veröffentlichte die AOK Nordost solche Zahlen aus ihren Mitglieder-Datenbanken. Sie untermauern, dass die Zahngesundheit der Kinder zwar grundsätzlich auf einem sehr guten Weg ist – aber nicht überall gleichermaßen. So stellte die Kasse fest, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Anzahl der Zahnfüllungen bei Kindern gesunken ist, im Land Brandenburg gleich blieb – und in Berlin leicht anstieg. Ein erfreulicher Aspekt, der sich in allen Nordost-Bundesländern zeigte: Die Eltern nutzen Vorsorgeangebote heute mehr als früher. Die Kasse begrüßte das dezidiert, weil früh erkannte Zahnschäden auch frühzeitig behandelt werden könnten. Früherkennungsuntersuchungen sind seit 1. Juli 2019 auch für Kleinkinder zwischen 6. und 33. Lebensmonat „Kassenleistung" – damit soll vor allem das Auftreten der sogenannten frühkindlichen Karies eingedämmt werden.
Nicht zuletzt durch die intensive Forschung rund um den Auslöser der Corona-Krankheit Covid-19 sind Viren noch intensiver in das Blickfeld der Wissenschaft geraten. Dass dabei auch der Mund – ein Weg, durch den die Viren in den Körper gelangen – eine wichtige Rolle spielt, verwundert daher nicht. Französische Wissenschaftler beispielsweise haben untersucht, welche Rolle Zahnfleischtaschen in der Infektionskette spielen. Über die noch junge und gerade anlaufende Studie berichtete kürzlich eine große Zahnärzte-Fachzeitschrift. Untersucht wurde der sogenannte Biofilm in diesen Taschen: Der Biofilm ist ein Mix aus verschiedenen Bakterien und anderen Keimen, die zum Infektionsgeschehen rund um das Zahnbett beitragen – und durch dessen Anbindung an die Blutgefäße auch zu einer Kontamination, einer Belastung, des gesamten Körpers, führen können. Während im Allgemeinwissen die Präsenz von Bakterien im Biofilm gut verankert ist, ist das Vorhandensein von Viren im Biofilm und in der Gewebeflüssigkeit rund um das Zahnbett für Manche noch eher neu. Bestätigt ist mittlerweile, dass sich die für Corona relevanten Sars-CoV-2-Viren auch im Speichel nachweisen lassen. Nicht zuletzt deshalb vermutet man im Hinblick auf ein erneutes Ausbrechen der Erkrankung nach einer bereits erfolgten Genesung, dass es im Mund „Reservoire" geben könnte, wo die Viren überleben und zur erneuten Erkrankung führen: Solche Verstecke könnten Zahnfleischtaschen sein. Die Studien sind insofern interessant, weil es für die Zukunft auch darum gehen muss, ein Wiederaufflackern einer Infektion bei bereits genesenen Menschen zu vermeiden.
Wenn eine Zahnfüllung oder eine Teilkrone notwendig wird, wird das entsprechende „Teil" in der modernen Zahnmedizin häufig „geklebt". Spezielle Verbundstoffe sorgen dafür, dass unterschiedliche Füllungswerkstoffe und das natürliche Zahnhartgewebe fest miteinander in Verbindung treten und beispielsweise Bakterien keine Lücke finden, um sich dort einzunisten und auszubreiten. Damit das so dicht wird, gibt es eine Grundvoraussetzung: Beide Seiten, die zusammengeklebt werden sollen, müssen absolut trocken sein. Nun ist der Arbeitsplatz, die Behandlungsstelle, im Mund und damit in einem Bereich, der überall feucht ist und auch feucht sein muss. Ein Weg, Flüssigkeit zu vermeiden, ist beispielsweise die Blutstillung, wenn in tieferen Zahnbereichen „geklebt" werden muss. Diesem Thema hat sich kürzlich eine renommierte zahnärztliche Fachzeitschrift gewidmet. Einerseits sei der etablierte „Kofferdam" insbesondere in Bereichen nahe dem Zahnfleischrand notwendig – eine Art Abdeckungsfolie, die nur die zu behandelnde Region herausschauen lässt. Andererseits gelte zu Recht den Blutstillungsmedikamenten Aufmerksamkeit: Sie sind eine gute Hilfe – aber nicht perfekt. Je nach Produktart dieser Medikamente können beispielsweise die kleinen Kanälchen im Zahnhartgewebe so verändert werden, dass sie mit dem Adhäsiv, dem Klebstoff, nicht mehr zusammenarbeiten. Wie die Untersuchung der Schweizer Wissenschaftler ergab, gibt es derzeit noch keine sinnvolle Möglichkeit, in jedem Fall Feuchtigkeit im Verbund vollständig zu vermeiden. Der abschließenden Reinigung der Behandlungsstelle gilt insofern, so die Autoren der Arbeit, ein großes Gewicht, und die Auswahl passender Produkte dafür sei vielfältig.
Es wird viel geforscht auf der Welt – wenn Wissenschaftler wissen wollen, was zu einem ganz bestimmten Aspekt in den vielen Studien herausgekommen ist, machen sie eine sogenannte Meta-Analyse: Sie erforschen, zu welchen übereinstimmenden Aussagen die entsprechenden Studien gekommen sind. Eine Forschergruppe in China hat nun eine Metaanalyse zum Thema Lungenkrebs und Parodontitis gemacht – genaugenommen eine weitere, bei der sie im Vergleich zu Vorgänger-Metaanalysen Störfaktoren ausklammerten, die das Studienergebnis hätten beeinflussen können. Warum überhaupt nach einer Verbindung gesucht wurde, ist mittlerweile belegt: Die chronifizierte Zahnbettentzündung Parodontitis steht mit allgemeinem Krebsgeschehen in Verbindung. Wie eine große zahnärztliche Fachzeitschrift gerade berichtete, hat sich nach Ausklammern gemeinsamer Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes und erhöhter Alkoholkonsum gezeigt, dass es über diese Risikofaktoren hinaus tatsächlich direkte Verbindungen von Parodontitis und Lungenkrebs gibt: Ein spezielles Mikrobiom, das bei Parodontitis-Patienten auch im Mund nachweisbar ist, findet sich auch in der Lunge und gilt als ein „Trigger", ein Förderer der Krebsentwicklung. Ob tatsächlich eine Ursache-Wirkung-Verbindung besteht, ist noch nicht abschließend geklärt – die Wissenschaftler empfehlen aber, sicherheitshalber eine Parodontitis zu verhindern bzw. sie so früh wie möglich behandeln zu lassen.