Aktuelles aus der Praxis

Implantate: mit 18 zu jung?

Ein großes Thema seit Erfindung der Implantologie ist die Frage, ob Implantate schon im Kindes- oder Jugendalter Sinn machen oder erst nach vollendetem Wachstum eingesetzt werden sollten. Ein Argument: Während Kiefer und Zahnbogen in der Kindheit und Jugend noch wachsen, wächst das Implantat nicht mit, die entstehende „Fehlstellung" muss später nachjustiert werden. Herausfordernd wird eine solche Altersbeschränkung beispielsweise bei Unfall-Patienten im jüngeren Erwachsenenalter, denn auch mit 31 Jahren, so Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, ehemaliger Präsident der wissenschaftlichen Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) in einem Zeitschriften-Fachartikel, kann das Wachstum heute nicht als abgeschlossen bezeichnet werden. Bei Überprüfung der Erfolgschancen von Implantaten bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigte sich, dass bei Kindern nur in besonderen Einzelfällen zu einer Implantatlösung gegriffen werden sollte, bei Jugendlichen und auch jungen Erwachsenen (bis 31 Jahre) gebe es zwar eine gute Erfolgsquote – aber keine vollständige Therapiesicherheit. Dies, so Terheyden, müssten die Patienten und ihre Eltern wissen. Die bisher „traditionelle" Altersgrenze von 18 Jahren sei keine, an der man sich orientieren könne, zumal bei Männern und im oberen Frontzahnbereich. Hier müsse jeweils individuell entschieden und Auswirkungen auf eine nicht mehr harmonische Okklusion (Zusammenspiel von Ober- und Unterkiefer-Zähnen) mitbedacht werden. Betrifft die Okklusionsstörung nur die Kronenlänge, kann hier nachgearbeitet werden.

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Zahnersatz: demnächst aus eigenen Zahnkeimen?

Ein bisschen klingt es nach einem Menschheitstraum: Geht ein Zahn verloren, muss man sich nicht um Zahnersatz aus dem Dentallabor oder der zahnärztlichen Fräs- oder Druckmaschine bemühen, sondern es wächst ein „eigener" Zahn nach. Aus körpereigenen Zellen. Genau das testen derzeit Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) Berlin. Dazu nutzen sie Zellen von gezogenen Zähnen und zwar aus der dort noch vorhandenen Pulpa, dem „lebendigen" Innenleben der Zahnwurzel. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass auch der menschliche Kiefer, wie viele andere Stellen des Körpers, selbst „nachwachsendes Gewebe" herstellen kann. Spannend wird es, wie die Zellen lernen, was sie alles bilden müssen – vom harten Zahnschmelz über seine komplette Struktur bis hin zu seiner Form, ob Frontzahn oder Backenzahn beispielsweise. Bisher geht man davon aus, dass die Zellen diese Informationen aus dem umliegenden harten und weichen Kiefergewebe erhalten. Die ersten Versuche sind durchaus vielversprechend. Allerdings ist unumgänglich, dass man ausreichend Geduld aufbringt, den Wachstumsprozess abzuwarten. Es könnte sich lohnen: Der neue Zahn ist nicht „Ersatz" mit Fremd-Material, sondern Eigen-Material, eventuelle Abstoßungsreaktionen gehen daher voraussichtlich gegen Null.

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Kieferhöhle: Entzündung durch Zähne

Auf jedem Röntgenbild eines Mundes ist die Nähe deutlich zu erkennen: Kieferhöhle und Mundhöhle sind eng benachbart. Insofern wundert es auch nicht, dass sich bei Entzündungen ein Austausch entwickeln kann. Für den Fall, dass eine zahnbezogene Entzündung oder eine zahnärztliche Behandlung zu einer „Ansteckung" der Kieferhöhle geführt hat, haben Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie kürzlich die Leitlinie aktualisiert, die Empfehlungen für die Behandlung solcher Fälle auflistet. Eine aus der Mundhöhle in die Kieferhöhle übergehende Entzündung sei sowohl hinsichtlich der Rolle der Ursachen, der Art der Diagnostik als auch bei der Wahl der Behandlung von einer Sinusitis, einer „klassischen" Nasennebenhöhlenentzündung, abzugrenzen. Die Aktualisierung dieser Leitlinie mit ihren Querverweisen auf ähnliche Erkrankungen und weitere Auslöser ist insofern kein Nebenschauplatz der Zahnmedizin, als rund 10 – 40 % aller Fälle akuter Kieferhöhlenentzündungen eine mögliche Verbindung zu Zahn-/Mundinfektionen und Folgen zahnärztlicher Behandlung zeigen.

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Suchtpatienten: Rolle der Zahngesundheit

Das Aussehen der Zähne spielt für den ersten Eindruck, den ein Mensch bei einem anderen hinterlässt, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Drogenabhängige haben oft einen eher desolaten Zahn-Zustand, wie die Ärzte Zeitung kürzlich in einem Beitrag zu notwendiger Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Disziplinen berichtete. Helfen könnte Drogenabhängigen, zumal denjenigen, die an ein Zurück in ein geregeltes Leben denken, am besten ein solches Zusammengehen von Fachärzten für Suchterkrankungen, Allgemeinärzten, Psychotherapeuten und eben auch Zahnärzten. Bei einem Kongress für Suchtmedizin wurde gerade auf diesen Aspekt besonders hingewiesen und die große Bedeutung, die einer gesund wirkenden Zahnreihe bei diesem Schritt zukommt. Die in Suchtbehandlung besonders erfahrene Berliner Zahnärztin Kirsten Falk betonte die strategische Komponente beim Beginn einer solchen Behandlung: Die einzelnen Schritten müssten demnach der zumutbaren Belastung angemessen sein, diese Patienten seien besonders konsequent zu führen – und eine wichtige Rolle käme einem gut geschulten Personal zu. Nicht wenige dieser Patienten litten zudem unter erheblicher Zahnbehandlungsangst und auch unter Scham. Eine nachhaltige Behandlung ziehe sich über eine gewisse Vorbereitungsdauer hin und es könne nicht sofort mit Zahnersatz das optische und funktionale Problem gelöst werden. Es zeigte sich aber, dass eine gute und „vorzeigbare" Zahnsituation beim Weg zurück in geregelte Lebenswege eine stark unterstützende und motivierende Wirkung habe.  

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Deutschland: Zahnmedizin international führend

Mit erfreulichen Daten aufwarten kann die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) schon seit Jahren, wenn die jeweils aktuellen Auswertungen der großen bundesweiten Mundgesundheitsstudien veröffentlicht werden: In weitgehend allen Bereichen und bei fast allen Patientengruppen geht die Mundgesundheit und die Anzahl der eigenen Zähne stetig weiter nach oben. Wie einem Fachartikel in den „Zahnärztlichen Mitteilungen" von Ende Juli zu entnehmen ist, steht die Zahnmedizin in Deutschland auch international auf den Spitzenplätzen. Grund sei der vergleichsweise niedrigschwellige Zugang im deutschen Gesundheitssystem, der es der Bevölkerung erleichtere, zahnmedizinische Beratung und Behandlung in Anspruch zu nehmen. Heute seien 81 Prozent der Zwölfjährigen kariesfrei, und bei den Erwachsenen sei die Karies in den letzten 20 Jahren um rund 30 Prozent gesunken. Die noch bestehenden „Baustellen" seien der Zahnärzteschaft durchaus bewusst, wie beispielsweise das schichtenabhängige Karies-Erkrankungsrisiko, die frühkindliche Karies oder auch die Vorbeugung bei Menschen mit unterschiedlichem Pflegebedarf. Ebenso wie internationale Wissenschaftler kritisiert auch die BZÄK Bereiche der Ernährungsindustrie: Nicht zuletzt müsse es verbindliche Maßnahmen beispielsweise zur Zuckerreduktion geben.

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Parodontitis: Kann Ernährung helfen?

Ein wachsendes Thema in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ist die Rolle der Ernährung. Während sie beim Thema Karies-Auslösung auch in der Öffentlichkeit schon recht gut bekannt ist, spielen weitere Aspekte derzeit noch eher in der Fachwelt eine Rolle. So nehmen sich zahnmedizinische Wissenschaftler Erkenntnisse aus anderen Medizinbereichen vor und prüfen sie daraufhin ab, ob die hier gewonnen Erkenntnisse auch für die Mundgesundheit Relevanz haben. Ein Beispiel dafür ist die Rolle der Ernährung bei chronischen Entzündungen wie beispielsweise der Parodontitis. Hier hat sich gezeigt, so Wissenschaftler der Berliner Charité in einem Beitrag für den „Senioren Ratbeber", dass bei Rheuma-Patienten eine Ernährung reich an Gemüse und Obst und arm an Fleischprodukten zu einer Verbesserung der rheumatischen Entzündungswerte führte. Auch die Folgen einer Osteoporose könnten sich bei einer gemüse-obst-fokussierten Ernährung verbessern – diese Knochenerkrankung hat ebenfalls Relevanz für die Gesundheit von Mund und Kieferknochen. Im Fokus der ungesunden Entwicklungen stehen insbesondere ungesättigte Fette und sogenannte Transfette. Aus solchen und weiteren ungünstigen Fetten produziert der Körper entzündungsfördernde Gewebshormone. Auch Zucker treibt diese Entzündungs-Hormone nach oben. Vollkorn, Obst und Gemüse seien insofern nicht nur allgemein, sondern auch für chronische Entzündungen wie die Parodontitis die bessere Ernährungsauswahl.

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Zahnwurzeln: Vielfalt an Kanälen

Bei Veröffentlichungen in der Laienpresse werden Zähne, die zur Dekoration eines Beitrags dargestellt werden, zumeist mit zwei Wurzeln gezeigt – der „typische Backenzahn". Das allerdings ist eine an der Realität weit vorbeizielende Darstellung, wie ein Fachartikel in einer zahnärztlichen /eitschrift kürzlich aufzeigte. Abgesehen davon, dass Frontzähne, also die sichtbarsten im Mund, in der Regel einwurzelig sind, können Seitenzähne sehr viele und zudem verdrehte und miteinander in Verbindung stehende Zahnwurzeln haben. Das Thema wird für Patienten und Zahnärzte spätestens in dem Moment relevant, wenn aufgrund einer tiefen Zahnentzündung eine Wurzelbehandlung ansteht. Eine Zahnärztegruppe hat nun untersucht, wie viele Wurzelgänge Zähne im Oberkiefer haben können. Anlass war die Feststellung, dass gelegentlich ein Seitenarm übersehen und damit nicht antientzündlich behandelt worden war. Dabei ist zu bedenken, dass Röntgenaufnahmen in „nicht notwendigen Fällen" unterbleiben müssen – Wurzelbehandlungen gehören nicht zwingend zu den „notwendigen Indikationen" für eine Strahlenbelastung. Die Studie hat ergeben, dass nicht nur die üblicherweise erwarteten drei, sondern auch vier und fünf (oft schwer auffindbare) Wurzelkanäle bei den Backenzähnen häufiger vorkommen als erwartet. Erschwert wird das Auffinden durch gelegentliche Vereinigung von Kanälen oder auch Abtrennungen kleiner Abzweige von Hauptkanälen. Vermieden werden muss bei der Behandlung auch, dass die Bearbeitung einer Vielzahl von dünnen Zahnwurzeln zu einer Schwächung der Zahnwurzel-Substanz insgesamt führt. Es hat sich gezeigt, dass es nach wie vor eine Abwägung bleibt, wieviel Behandlung einem Zahn zumutbar ist – oder sein muss, um den Entzündungsquell vollständig zu entfernen.

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Zahnbettentzündung: erblich?

Bekannt ist, dass sich einerseits bei Erkrankungen, die mit Immunbelastungen einhergehen, Zahnbettentzündungen (Parodontitis) eher entwickeln, und auch, dass Gewebe- und Gefäß-schädigendes Verhalten wie Rauchen solche Entzündungen fördern können. Nun hat sich gezeigt, dass bei machen Patienten auch ein erblicher Risikofaktor vorliegt. Wie eine Ende Juli veröffentlichte Auswertung internationaler Studien an insgesamt rund 50.000 Patienten zeigt, können genetische Bedingungen bei fast einem Drittel der Patienten mit Zahnbettentzündung vorliegen. Demnach gibt es bei einigen Patienten erbliche Vorbelastungen hinsichtlich des Knochenabbaus und der Zahnbettgewebe-Empfindsamkeit. Es hat sich zudem gezeigt, dass diese erblichen Risiken noch zunahmen, wenn diese Personen rauchten – nicht ausgeschlossen ist, dass auch die Neigung zum Rauchen eine Ererbungs-Komponente hat. Erbliche Hintergründe zeigten sich offenbar vor allem bei frühen und besonders schweren Zahnbettentzündungen.

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